Wie die Kaderspieler der Red Lions Reinach mit der Corona-Krise umgehen
AF. Virologen, Forscher, Sonntagsprediger, selbsternannte Experten – sie alle setzen sich zurzeit über TV-Schirme, Printmedien und soziale Kanäle in Szene. Ihre gut gemeinten Ratschläge laufen aber immer auf dasselbe Rezept hinaus: Wenn immer möglich zu Hause bleiben, regelmässig die Hände waschen und zu jedem anderen Erdenbürger auf zwei Meter Abstand gehen. Leuchtet eigentlich jedem mit gesundem Menschenverstand ein, dass die Einhaltung dieser Grundregeln der beste Schutz gegen die Ausbreitung der Krankheit ist und das richtige Verhalten dazu beiträgt, dass die Spitäler und dessen Pflegepersonal ihren Job überhaupt noch ausführen können. Was diese derzeit leisten, ist jedenfalls schlichtweg Spitze und kann nicht genug gewürdigt werden.
Wie aber sieht der Alltag bei den Spielern der Red Lions Reinach aus? Wir wollten es genau wissen und haben die Fakten letzte Woche in einer ersten Story aufgezeigt. Im zweiten Teil kommen nun die anderen des Kaders zu Wort. Den ersten (virtuellen) Besuch statteten wir Simon Schnyder in Hämikon LU ab. Der 32-Jährige ist SBB-Angestellter, zweifacher Papi, hat über 600 Nationalliga-Spiele in den Beinen und amtet seit nunmehr zwei Jahren als Captain der Red Lions Reinach.
Kinderbetreuung ausgeweitet
Wer Simon Schnyder anruft, bekommt neben der Stimme des Hausherrn auch jene von Sohn Julian zu hören. «Scheiss-Corona», sei der Lieblingsspruch des 4-jährigen Dreikäsehochs, lacht der Lions-Verteidiger am Telefon. Da Gattin Martina beruflich unterwegs ist, hütet der Papa an diesem Tag die Kids. In der Ruhe liegt offenbar die Kraft. Auch das unüberhörbare Geschrei von Julian ändert nichts an seiner Gelassenheit im Umgang mit der ganzen Situation. «Natürlich hat sich der Alltag für viele geändert, aber man muss einfach immer das Beste daraus machen», lautet seine Devise. Weil Eltern und Schwiegereltern zurzeit aufs Kinderhüten verzichten müssen, teilen sich Martina (40%-Arbeitspensum) und Simon (80%) in diese Aufgabe. Seinen Arbeitgeber SBB rühmt Schnyder dabei über den grünen Klee: «Sie haben alles vorgekehrt, damit wir auch zu Hause optimal und professionell arbeiten können. Wer sich vermehrt den Kindern widmen muss, kann das beantragen und bekommt die Möglichkeit dazu ohne jede Lohneinbusse.» Die Schnyders – trotz Corona eine rundum glückliche, zufriedene Familie.
Den nächsten Boxenstopp machen wir bei Kevin Huber und Cyril Meyer. Der Goalie und sein Verteidiger sind nicht nur dick befreundet, sondern auch geschäftlich miteinander verbandelt. Sie haben sich dem Absatz von Hanfprodukten verschrieben und sind Mieter eines kleinen Ladenlokals am Zürcher Bellevue. Natürlich ist auch dieses ein Opfer des Lockdowns und bis auf weiteres geschlossen, aber der fehlende Umsatz kann dank dem Versand der Produkte an die Stammkundschaft zumindest teilweise aufgefangen werden. Den eingeschränkten Berufsalltag nutzt Cyril Meyer für den gesundheitlich angeschlagenen Vater. Er spielt Taxifahrer, erledigt Einkäufe für ihn und das alles unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Statt den Hockey-Helm hat er die Schutzmaske dabei. Nicht zu kurz kommt die eigene Fitness. «Eher zufällig habe ich in der Nähe meines Domizils einen Vitaparcours entdeckt und den nutze ich nun auch», scherzt der Verteidiger.
Zwischen zwei Fronten

Zwischen den Verkaufsregalen läuft derzeit auch der Alltag von Cédric Schlatter ab. Im Hinblick auf die Rekrutenschule hat der Abwehrhüne in Herzogenbuchsee bei der Migros als Hilfskraft angeheuert, um den Geldbeutel der Eltern zu entlasten. Jetzt machte ihm das Coronavirus einen bösen Strich durch die Rechnung, denn die militärische Ausbildung wird wohl vertagt, während die Regale des Einkaufscenters immer öfter aufgefüllt werden müssen. Cédric zählt damit zu jenen Eidgenossen, die für wenig Geld sehr viel leisten müssen. «Natürlich bin ich mit der aktuellen Situation nicht glücklich, aber es ist nun mal wie es ist.». Des einen Leid, ist des andern Freud. Lions-Trainer Raphael Zahner: «Immerhin kann ich die neue Saison jetzt auch mit Cédric planen.»
Ungewöhnlich viel Zeit fürs Training hat der bisherige Stammgoalie Andrin Kunz, dessen Ausbildung zum Polizisten abrupt gestoppt wurde. Die eigene Fitness hat nun plötzlich Vorrang. «Bis 27. April sind die Schotten dicht, aber für Notfälle sind wir natürlich einsatzbereit.» Der 195-Zentimeter-Riese hofft, dass dieser Notfall nie eintreffen möge.
Musterknabe Allabauer
Peinlich genau hält sich Noah Allabauer an die gesetzlichen Vorgaben unserer Regierung und das nicht zuletzt im eigenen Interesse. Denn der Stürmer leidet seit Jahren an Asthma und ist zudem beim Versicherungsbrooker Glimex AG im Aussendienst tätig. Kundenbesuche sind jetzt natürlich tabu, Kontakte zur Aussenwelt laufen ausnahmslos über Facebook und das Training ist auf ein Minimum reduziert. Allabauer sieht aber keinen Grund, deshalb ins Tal der Tränen abzutauchen und auf Mitleid zu machen: «Mit Einschränkungen müssen jetzt alle leben, aber man erhofft sich natürlich eine baldige Rückkehr in die Normalität.»
Grösste Vorsicht ist auch im Zuhause von Marco Rosamilia geboten. Hier ist der Papa ein Risikofaktor. «Ich muss wegen ihm und der akuten Ansteckungsgefahr aufpassen, wie und mit wem ich etwas unternehme», sorgt sich der Stürmer und ergänzt, dass im Haushalt inzwischen jeder seine eigene Getränkeflasche, Kaffeetasse und Trinkgläser habe. Trotzdem überwiegen bei der Frohnatur mit südländischen Wurzeln die positiven Gedanken: «Jede Krise geht einmal zu Ende und das wird auch diesmal nicht anders sein.»
Offensichtlich kein Stressfaktor ist die Corona-Pandemie für die drei Stürmer Rouven Renggli, Nicolas Moldovanyi und Michael Nideröst. Er lebe nun halt das typische Leben eines Studenten, hält Rouven «Greta» Renggli fest. Man müsse alles tun, um sich selber bei Laune zu halten, sei es mit Joggen im Freien oder mit einer Partie Monopoly in der Wohnung. Sozusagen im Normalmodus ist Michael Nideröst unterwegs. Bis Ende dieser Woche hat er seinem Körper eine Trainingspause verordnet, hält sich aber auch strikte an die behördlichen Massnahmen zum Schutze aller. Als Teamleiter «Spedition und Montage» der Riwag Türen AG hat der Stürmer allerdings beruflich genug am Hut, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Keine Krise ohne Gewinner und zu denen gehört Nicolas Moldovanyi: «Im Keller unseres Hauses habe ich einen kleinen Kraftraum entdeckt und weil mein Studium nun online über Podcast läuft, habe ich sogar ausreichend Zeit, ihn auch zu benützen.»
Humor ist, wenn man trotz Pandemie das Lachen nicht verlernt hat. Bleibt bitte alle gesund!