Nach 16 Niederlagen in 17 Spielen hat der Vorstand der Red Lions die Reissleine gezogen und Headcoach André Augstburger mit sofortiger Wirkung freigestellt. Sein Nachfolger wird der 37-jährige Raphael Zahner, welcher zuletzt bei den Pikes Oberthurgau tätig war. Im einstigen ZSC-Meisterschützen und heutigen Teleclub-Experten Morgan Samuelsson (50) erhält Zahner prominente Unterstützung.
Die vorzeitige Trennung vom bisherigen Headcoach kommt für Insider nicht überraschend. André Augstburger war einer der Baumeister des 1.-Liga-Projekts in Reinach und als solcher auch verantwortlich für die Zusammenstellung der Mannschaft. Die Startsaison 2017/18 mit 29 Niederlagen in 30 Spielen wurde für das jüngste Baby im nationalen Eishockey zu einer einzigen Enttäuschung. Der Sportchef und sein damaliger Weggefährte Beat Renggli schafften es nicht, eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Es brauchte schliesslich in jedem Spiel bis zu sechs Leihgaben aus Rapperswil, damit die Red Lions überhaupt zur Meisterschaft antreten konnten.
Im zweiten Anlauf sollte alles besser werden. Während Beat Renggli nach Aarau weiterzog, blieb sein Kumpel in Reinach und übernahm neu – mangels Alternativen und dem knappen Budget – auch noch den Job des Cheftrainers. Ehrenamtlich, versteht sich. Sein Bemühen um taugliche 1.-Liga-Spieler trug dabei Früchte. Bis Ende April umfasste das neue Kader immerhin schon 18 Spieler und drei Torhüter. Abzusehen war allerdings schon zu diesem Zeitpunkt, dass es an routinierten und erfahrenen Spielern fehlte. Dieses offensichtliche Manko war auch beim Start ins Eistraining im August nicht behoben. Und als mit Jorden Pfennich endlich ein Routinier mit Goalgetter-Qualitäten gefunden war, liess man diesen eine Woche vor dem Meisterschaftsstart zu Feldkirch in die zweite österreichische Bundesliga ziehen – ein fataler Fehlentscheid, da weit und breit kein adäquater Ersatz bereitstand.
Ligaerhalt statt Playoff-Teilnahme
Vor diesem Hintergrund haben die Red Lions das Saisonziel längstens revidiert. Statt der insgeheim erhofften Playoff-Teilnahme wird sich der Liganeuling über die Relegationsrunde oder womöglich gar die Ligaqualifikation gegen den Abstieg wehren müssen. Dem 5:4-Sieg gegen Frauenfeld stehen inzwischen 17 Niederlagen gegenüber und das Mitmachen in der Abstiegsrunde ist schon jetzt in Stein gemeisselt. Spielerisch ist das Team inzwischen zwar auf Augenhöhe mit der Konkurrenz – zweifellos das Verdienst von Trainer Augstburger – in seiner Breite aber qualitativ zu schwach besetzt, um die sportliche Messlatte weiter nach oben setzen zu können.
Inzwischen ist der Klassenerhalt für den Vorstand um Präsident Rouven Blattner das höchste aller Gefühle. Was in den Sommermonaten sträflich versäumt wurde (Verpflichtung von zwei, drei weiteren Leistungsträgern) lässt sich nicht mehr nachholen. Gute Spieler laufen im Dezember 2018 nicht frei herum. Ergo muss Hilfe von aussen kommen. Es braucht im Training und vor allem an der Bande neue Impulse. André Augstburger hat in den letzten 18 Monaten grossartige Arbeit geleistet, um dem 1.-Liga-Projekt in Reinach zum Durchbruch zu verhelfen. Eigentlich müsste man ihm ein Denkmal setzen. So gesehen mag seine vorzeitige Freistellung bitter sein. Anderseits steht der Vorstand in der Pflicht, alles daran zu setzen, um den totalen Absturz abzuwenden. Ob die Massnahme richtig war, wird sich im Frühjahr 2019 zeigen.
Raphael Zahner übernimmt
Fakt ist allerdings, dass Augstburger auf das Ende dieser Saison selber seinen Rücktritt eingereicht hat. Dem Klub steht also eine sportliche Neuausrichtung ins Haus. Er muss sich nicht nur mit der schwierigen Gegenwart, sondern gleichzeitig mit der Zukunftsstrategie auseinandersetzen. In den Diskussionen um die sich bietenden Möglichkeiten gingen die Meinungen zuletzt diametral auseinander. Das bewog den Vorstand schliesslich, die Verantwortung per sofort an neue Köpfe zu delegieren.
Neu sollen es also Raphael Zahner (37) und Morgan Samuelsson (50) richten. Der ZSC-Meisterschütze kehrt für dieses Projekt befristet zu einer Mannschaft zurück, dies aber bewusst in Form eines Beraters. Der Schwede soll mit seinen Erfahrungen aus 18 Profi-Jahren (Lulea, Södertälje, AIK Stockholm, Kölner Haie, Kassel Huskies, HC Thurgau, ZSC Lions) den jungen Schweizer Trainer vor allem im Coaching und in der Entwicklung junger Spieler unterstützen. Er wolle den Red Lions im Kampf gegen den Abstieg helfen, eine Rückkehr als Trainer in die nationale Hockeyszene sei jedoch kein Thema, stellt Samuelsson aber klar.
Eigentlich schade, denn auch in diesem Job hat der einstige Goalgetter durchwegs positive Spuren hinterlassen. So führte Samuelsson die Rapperswil Jona Lakes als letzter Trainer in die Playoffs (2008) und den HC Sierre zweimal in den NLB-Final. Mit dem Konkurs des Walliser Traditionsklubs im Frühjahr 2012 wechselte Morgan Samuelsson vom Eis hinters Mikrofon und fühlt sich da laut eigener Aussage pudelwohl.
Text: Albert Fässler